DAV Belgien, Niederlande und Luxemburg:
Tagesseminar mit dem Thema „Holdingsgesellschaften in Benelux und Deutschland – ein Ländervergleich“ am 08.11.2018 in Köln
Am Donnerstag, den 08.11.2018, fand in Köln das erste gemeinsam organisierte Tagesseminar des DAV Belgien, des DAV Niederlande und des DAV Luxemburg mit dem Thema „Holdinggesellschaften in Benelux und Deutschland – ein Ländervergleich“ statt. Zur großen Freude der Organisatoren stellte die Wirtschaftskanzlei GÖRG hierfür ihre Räumlichkeiten in der Domstadt zur Verfügung, sodass die Teilnehmer dem Geschehen bei einem grandiosen Ausblick auf die Stadt folgen konnten.
Das Seminar erstreckte sich auf vier Module, wovon zwei am Vormittag und zwei am Nachmittag stattfanden. Jedes Modul enthielt je einen Vortrag eines Fachvertreters aus Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Deutschland. Jede Einheit endete mit einer Paneldiskussion. Hierbei wurden die Vor- und Nachteile sowie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Länder beleuchtet, außerdem konnten die Seminarteilnehmer Fragen an die Redner richten. Hierbei entstanden insgesamt spannende und aufschlussreiche Debatten.
Das erste Modul beschäftigte sich mit der Gründung von Holdinggesellschaften. Es ging dabei um die ratio legis der Errichtung von Holdingstrukturen, um Holdingformen und um zu beachtende Gründungsformalien. Mit Blick auf Belgien startete Laura Sproten, Rechtsanwältin Kocks und Partners Brüssel, mit dem ersten Vortrag in den Tag. Sie sprach über die Pros und Contras von dortigen Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften und verglich die belgische GmbH („société privée à responsabilité limitée – sprl“ oder „besloten vennotschap met beperkte aansprakelijkheid – bvba“) mit der belgischen AG („société anonyme – sa“ oder „naamloze vennootschap – nv“).
Joram Moyal, Partner Moyal & Simon Luxemburg, trug im Weiteren über die Gründung und formellen Anforderungen von Holdinggesellschaften in Luxemburg vor. Solche seien dort typischerweise als SPF („Société de Gestion de Patrimoine Familial“) oder als Soparfi („Société de Participations Financieres“) organisiert. Daneben umfasste sein Redebeitrag auch die Anforderungen an andere Gesellschaftsformen in Luxemburg wie die AG („Société anonyme“) und die GmbH („Société à responsabilité“). Hervorzuheben sei bezüglich diesen beiden Gesellschaften, dass das Bankkonto hierfür zwingend vor der Gründung der Gesellschaft eröffnet werden müsse, wobei dessen Anlegen generell sehr zeitintensiv sei.
Für die Niederlande schloss sich Matthijs van Rozen, Partner Kienhuis Hoving Enschede, an. Er teilte den Seminarteilnehmern mit, dass die B.V. („besloten vennootschap“) die in den Niederlanden gängigste Rechtsform für eine Holdinggesellschaft darstellt. Die N.V. („naamloze vennootschap“) und die U.A. („Coöperatie“) würden weniger für diesen Zweck verwendet werden. Mit Blick auf die Gründung der B.V. hob er hervor, dass hierfür kein gesetzliches Mindestkapital mehr erforderlich sei.
Die deutsche Perspektive übernahm Dr. Adalbert Rödding, Partner GÖRG Rechtsanwälte. Als Rechtsformen für eine Holdinggesellschaft kämen in Deutschland sowohl Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) als auch Personengesellschaften (OHG, GbR, KG) sowie die Societas Europeae in Betracht. Neben den jeweiligen Gründungsformalitäten diesbezüglich zeigte er die Übertragung von Beteiligungen auf die Holding auf. Dies könne entweder durch rein schuldrechtliche Kaufverträge oder im Wege von gesellschaftlich veranlassten Maßnahmen, in der Regel offene Einlagen, geschehen.
Sodann wurde das Gesellschaftsrecht auch schon wieder verlassen und man stieg mit dem zweiten Modul in die Besteuerung von Holdinggesellschaften ein. Wolfgang Oepen, Director Tax & Legal Adivsers KMPG, (Belgien), Eric van Nugteren, Geschäftsführer Van Nugteren B.V., (Niederlande), Raquel Guevara, Partner Norton Rose Fulbright Luxemburg, (Luxemburg) und Dr. Adalbert Rödding, Partner GÖRG Rechtsanwälte, (Deutschland) sprachen über Körperschaftssteuersätze und Veranlagungsverfahren in Benelux und Deutschland. Themen waren ebenso Steuerbefreiungen, Abschreibungen, Dividenden und Zinsen.
Wolfgang Oepen, Director Tax & Legal Adivsers KMPG, erwähnte im Rahmen der seit 2017 stattfindenden großen Steuerreform in Belgien insbesondere die voraussichtlich ab 2019 in Kraft tretende belgische Zinsschranke sowie die ab dem kommenden Jahr erstmalig begrenzte Möglichkeit der Gruppenbesteuerung. Daneben wies er darauf hin, dass in Belgien kein Sonderbesteuerungsregime für Holdinggesellschaften vorherrsche. Steuersubjekte seien stets die typischen Rechtsformen von Holdinggesellschaften selbst.
Auch in den Niederlanden sei im Rahmen der derzeit dort andauernden Steuerreform ab dem Jahr 2019 eine Zinsschranke geplant. Dies teilte Eric van Nugteren, Geschäftsführer Van Nugteren B.V., mit. Im Hinblick auf das Besteuerungsverfahren schilderte er, dass für Holdinggesellschaften in den Niederlanden ebenso kein Sonderbesteuerungsregime gelte. Steuervorauszahlungen seien nicht obligatorisch, allerdings müssten diese vor dem 01.05. eines jeden Jahres beantragt werden. Ansonsten drohe ein Zinssatz von 8%.
Raquel Guevara, Partner Norton Rose Fulbright Luxemburg, hielt fest, dass reine Holdinggesellschaften in Luxemburg nicht mehrwertsteuerpflichtig sind. Zudem sprach sie in puncto inländischer Freistellungen über das neu eingeführte und ab 2018 anwendbare OECD-konforme IP System. Daneben wies sie auf die anstehende, noch nicht verabschiedete Steuerreform in Luxemburg hin, welche zahlreiche Neuerungen beabsichtigt. So soll beispielsweise auch dort ab 2019 eine Zinsschranke und ab 2020 eine Wegzugsbesteuerung eingeführt werden. In diesem Zusammenhang seien ebenso die Anti-Hybride-Regeln zu berücksichtigen.
Auch in Deutschland bestehe kein Sonderbesteuerungsregime für Holdinggesellschaften. Zudem sehe das deutsche Körperschaftssteuerrecht hauptsächlich subjektive Steuerbefreiungen vor. Dies teilte Dr. Adalbert Rödding, Partner GÖRG Rechtsanwälte, den Seminarteilnehmern mit. Im Gegensatz zu den Beneluxländern sei Deutschland außerdem schon seit längerem Vorreiter einer Zinsschranke, wobei diesbezüglich aber die bekanntlich starke verfassungsrechtliche Kritik zu berücksichtigen sei.
Nach dem Mittagessen, bei welchem die Teilnehmer die Gespräche in lockerer Atmosphäre auf der Dachterrasse fortführten und neue Kontakte knüpften, richtete sich der Blick im Rahmen des dritten Moduls auf den internationalen Kontext einer Holdinggesellschaft. Im Fokus standen dabei EU Vorgaben, Internationale Antimissbrauch-Regelungen und Black listings. Daneben wurden auch die Anerkennung und Anfechtung von Holdingstrukturen durch nationale Steuerbehörden sowie nationale Antimissbrauch-Regelungen näher betrachtet.
Für Belgien bezog Prof. Dr. Axel Cordewener, Institut für Steuerrecht an der KU Leuven, Stellung. Er verdeutlichte zunächst mit einem anschaulichen Fallbeispiel die Ausgangssituation von sogenannten „inbound“-Investitionen. Im Folgenden bettete er diese mit weiteren Exempeln in den EU-rechtlichen Rahmen mit Blick auf die Grundfreiheiten, die Mutter-Tochter-Richtlinie 2011/96/EU und die Zins-/Lizenzgebühren-RL 2003/49/EU ein, womit er auch den Rahmen des gesamten Moduls für seine Mitredner schuf. Zuletzt folgte seinerseits die Betrachtung solcher Investitionen in Belgien. Eine wichtige Rolle spiele diesbezüglich die Quellensteuerbefreiung. Dem gleichen Prinzip folgten die Ausführungen zu sogenannten „outbound“-Investitionen. Der unionsrechtliche Rahmen sei dabei neben den Grundfreiheiten und der Mutter-Tochter-Richtlinie von der „Anti-BEPS“-Richtlinie 2016/1164 (ATAD I ab 01.01.2019) geprägt. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Axel Cordewener, Institut für Steuerrecht an der KU Leuven, gelte für die Dividenden der Holding in Belgien die Freistellungsmethode nach Art. 2 WIB/CIR. Wichtig sei außerdem, dass das Körperschaftssteuerrecht in Belgien bisher keine Hinzurechnungsbesteuerung der von einer Auslandsgesellschaft erzielten Einkünfte beim Gesellschafter kenne. Die Umsetzung von ATAD I sei für das Körperschaftssteuerrecht ab 01.01.2019 angestrebt.
Dr. Adalbert Rödding, Partner GÖRG Rechtsanwälte, betrachtete im Weiteren die nationale Lage bezüglich beider Investitionsarten in Deutschland. Im Rahmen der „inbound“-Investitionen regele dort grundsätzlich eigentlich § 50d Abs. 3 EStG die Besteuerung der laufenden Einkünfte. Allerdings finde diese Norm angesichts ihrer Nichtkonformität mit den Anforderungen des EU-Rechts in ihrer Altfassung keine Anwendung mehr (vgl. EuGH, Urteil vom 20.12.2017- C-504/16 und C-613/16). Folglich seien in Deutschland derzeit einige Fragen offen, sodass seitens des Gesetzgebers dringender Handlungsbedarf bestehe. Mit Blick auf Veräußerungsgewinne in Deutschland zeigte Dr. Adalbert Rödding, Partner GÖRG Rechtsanwälte, weiter die Probleme der sogenannten Schachtelstrafe nach § 8 Abs. 3 S. 1 KStG auf. Für Dividenden der Holding gelte in Deutschland wie in Belgien die Freistellungsmethode (§ 8b Abs. 1 KStG). Im Gegensatz zu Belgien kenne das deutsche Recht aber schon seit 1972 eine Hinzurechnungsbesteuerung (§ 7 ff. AStG).
Joost van Helvoirt, Partner Loyens & Loeff N.V., übernahm im Folgenden die Ausführungen für die Niederlande. Im Rahmen der „inbound“-Investitionen zeigte er die Voraussetzungen für eine beschränkte niederländische Körperschaftssteuerpflicht auch hinsichtlich Zinsen und Lizenzgebühren auf. Außerdem nannte er Möglichkeiten für eine Befreiung von der Kapitalertragssteuer auf Dividenden. Zu berücksichtigen gelte in diesem Zusammenhang ebenfalls die Anti-Missbrauchsklausel, die am 01.01.2018 in den Niederlanden in Kraft trat. Bis dato bestünde dort keine Quellensteuer auf Zinsen und Lizenzgebühren. Eine solche Einführung könnte aber möglicherweise ab 01.01.2021 stattfinden.
Zuletzt stellte Mario Di Stefano, Managing Partner DSM Luxemburg, dar, wie Luxemburg in dieser Thematik aufgestellt ist. Mit Blick auf Dividenden komme für die luxemburgische Soparfi ein Schachtelprivileg zur Anwendung. Allerdings müssten dafür bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden (Status der Tochtergesellschaft, Beteiligungsquote, Mindesthaltedauer). Ebenso könne die Soparfi bei Einhaltung bestimmter Vorgaben betreffend derselben genannten Aspekten auch von Veräußerungsgewinnen, der Quellensteuer und der Vermögenssteuer befreit werden. Ebenso äußerte sich Mario Di Stefano, Managing Partner DSM Luxemburg, zu den Bestimmungen der Missbrauchsbekämpfung und zum Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie in Luxemburg.
Das vierte und letzte Modul schloss sich an eine Kaffeepause mit weiteren Unterredungen der Seminarteilnehmer an. Schwerpunkt war auch hierbei das internationale Umfeld einer Holdinggesellschaft. Als Fortsetzung zu Modul drei standen Aspekte wie Verrechnungspreise, die Mehrwertsteuer, die Verlagerung in EG/EWR und Drittstaaten (Formalien/Wegzugsbesteuerung) sowie die Auflösung und der Verkauf von Holdinggesellschaften auf dem Plan. Hierzu sprachen Wolfgang Oepen, Director Tax & Legal Adivsers KMPG, für Belgien; Dr. Jochen Bahns, Partner Flick Gocke Schaumburg, für Deutschland und Raquel Guevara, Partner Norton Rose Fulbright Luxemburg, für Luxemburg
Matthijs van Rozen und Dr. Arjen Westerdijk, beide Partner Kienhuis Hoving Enschede, teilten sich in diesem Modul den Vortrag für die Niederlande.
Wolfgang Oepen, Director Tax & Legal Adivsers KMPG; schilderte insbesondere, dass in Belgien seit 2016 kodifizierte Verrechnungspreis-Dokumentationspflichten bestehen. Außerdem sei ein Advanced Pricing Agreement (APA) möglich. Ebenso finde ab 2019 eine steuerliche Wertaufstockung bei Immigration oder Überführung nach Belgien statt. Zu beachten sei ebenfalls, dass seit 2018 neue Vorschriften zur Kapitalherabsetzung bestehen und ab 01.01.2019 auch die Option zur steuerpflichtigen Vermietung belgischer Immobilien bestehe.
Dr. Jochen Bahns, Partner Flick Gocke Schaumburg, sprach ebenso die in Deutschland kodifizierten Verrechnungspreis-Dokumentationspflichten an. Als praxisrelevantes Beispiel im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen nannte er die Fremdüblichkeit von konzerninternen Darlehen und zwei in Deutschland dahingehend anhängige Verfahren (FG Münster vom 7.12.2016, Az. Rev. I R 4/17 und FG Köln vom 29.06.2017, Az. Rev. I R 62/17). Als Spezialfall mit Blick auf die Verlagerung ins Ausland führte er die Verlagerung des deutschen Verwaltungssitzes ins Ausland an. Auch in Deutschland existiere eine steuerliche Wertaufstockung bei Zuzug oder Überführung nach Deutschland.
Mit Blick auf Luxemburg berichtete Raquel Guevara, Partner Norton Rose Fulbright Luxemburg, insbesondere über die Bewertungsgrundsätze bis zur Anwendung der ATAD-Bestimmungen ab 01.01.2010 und das Bewertungsprinzip nach Inkrafttreten dieser Regelungen.
Für die Niederlande begann Matthijs van Rozen, Partner Kienhuis Hoving Enschede. Er schilderte den Verlauf der Auflösung („ontbinding“) einer Gesellschaft sowie die grenzüberschreitende rechtliche Verschmelzung („fusie“). Dabei erwähnte er die vereinfachte Möglichkeit für eine Mutter/Tochter Verschmelzung. Als letzter Redner des Tages beleuchtete Dr. Arjen Westerdijk, Partner Kienhuis Hoving Enschede, die organschaftliche Haftung der Gesellschafter einer Holdinggesellschaft in den Niederlanden und rundete somit das interessante und erfolgreiche Tagesseminar ab. Bei den Kapitalgesellschaften gäbe es dort grundsätzlich keine persönliche Haftung der Geschäftsführer, nur in Ausnahmefällen komme eine Durchgriffshaftung (intern oder extern) in Betracht. Den letzten Punkt des Tages stellte die 403-Erklärung dar. Diese war den meisten Seminarteilnehmern bislang unbekannt. Dr. Arjen Westerdijk, Partner Kienhuis Hoving Enschede, erklärte, dass diese auf die entsprechende Vorschrift aus dem zweiten Buch des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückgehe. Mit einer solchen Konzernerklärung übernehme die Muttergesellschaft die Haftung für die Schulden der Tochtergesellschaft.
Ein herzlicher Dank geht an alle 48 Seminarteilnehmer für die rege Beteiligung sowie die Kanzlei GÖRG für die Unterstützung bei der Organisation und die Bereitstellung der tollen Räumlichkeiten!